Zitat-Zäsur oder Stunden literarisch ausgerollt
Im Januar hatte ein Sitzspielchen auf dem Sitzsatz Premiere: #12bildertag, die Blogparade von Buchstabenmeer. Aufgabe: Jeden Monat am 12. zwölf Bilder aus dem eigenen Tag posten.
Meine buchstabenbunte Befürchtung: Das kann schnell mal platt und öde werden, zumindest, wenn man keinen Fotoblog betreibt. Will ja nicht jeden Monat, an dem der 12. auf einen Werktag fällt, 8x meinen PC fotografieren oder euch ein Daumenkino im Stil von „8:30 Uhr – ich binde meine Schuhe zu. 9:45 Uhr – der Teebeutel hat sich verzogen“ bieten (mal abgesehen davon, dass ich ca. niemals Schuhe binden muss und der Tee immer schon leer ist, bevor er „Ziehzeit“ sagen kann, haa!).
Deshalb habe ich mir zwei Vorsätze auf- und überlegt:
- Erstens, ich poste kein Essen.
- Und zweitens, die Monatsbeiträge sollen jedes Mal textlich oder bildlich unter einem bestimmten Motto stehen.
Da wir es uns auf einem Literaturblog gemütlich machen, soll das erste Motto auch ganz passend gewählt sein. Leider ist mir diese Idee erst nach den Bildern eingefallen, wäre bestimmt noch schöner gewesen, die jeweiligen Momente schon literarisch inspiriert aufzunehmen: eine Zitat-Zäsur im Alltag sozusagen. So here we go, Mit 12 Literaturzitaten durch den Tag von das A&O!
#12bildertag Februar mit Literaturzitaten
- 1.
„‚Wenn ich groß bin, werde ich Dichterin‘, sagte Paulek trotzig und ist sehr erleichtert, weil sie plötzlich weiß, wofür sie ihre Unterschrift immer geübt hat.“ (Quelle:Mein Paulek von Dagmar Chidolue, 1990.)
Morgenstart im WordPress-Reader. Glücklicherweise Reminder von Buchstabenmeer gefunden, hätte den zweiten #12bildertag sonst glatt verschlafen. Schön, wenn man plötzlich wieder weiß, was Kalendermäßig Sache ist! :-p
- 2.
„‚Was machen deine Augen?‘ ‚Denen geht’s ausgezeichnet‘, sagte Isaac. ‚Ich meine, bis auf die Tatsache, dass sie nicht mehr in meinem Kopf sind.'“ (Quelle: Das Schicksal ist ein mieser Verräter von John Green, 2012.)
Manchen fällt es wie Schuppen von den Augen, mir springt es aus Fröschen in die Augen. Meine Kontaktlinsen quaken jeden Tag ein.
- 3.
„‚Als Sie ihn kannten‘, fing Alice an, ‚hat er da immer noch die Teekanne geschwenkt, um die Blätter gründlich ziehen zu lassen?‘ Er war in diesem Fall natürlich Caroll. ‚Oh ja, seine Gewohnheiten haben sich kaum geändert‘, antwortete Isa.“ Quelle: Alice über Alles von David R. Slavitt, 2012).
Morgenelixier: Weißtee. Teetasse: Mark Owen. O und A im Spiegel. Very British!
- 4.
„‚Da möchte ich, Herr Pollunder, doch lieber mit der Stadtbahn fahren‘, sagte Karl. (…) Sie sagen selbst, dass ich mit der Stadtbahn früher ankomme als früh mit dem Automobil.'“(Quelle: Der Verschollene / Amerika von Franz Kafka, 1912.)
Weg zur Arbeit. Nie Automobil, manchmal Stadtbahn, meistens Bus. Grund: längere Lesedauer, verkürzte Ampelstehzeit.
- 5.
„‚Diese Farbe ist der Knüller der Saison.‘ ‚Ach was, wie nennt man diese exquisite Farbe?‘ ‚Kackbraun.'“ (Quelle: Schurken überall von Frank Schmeißer, 2011.)
Mag eigentlich keinen Kaffee. Doofe Farbe, blöder Geruch. Was tut man nicht alles für eine Ladung Koffein. Ich, für meinen Teil, verschmackschönere ihn vornehmlich mit ordentlich Zucker und exorbitant viel Milchschaum.
- 6.
„Am liebsten hätte sie rund um die Uhr gegessen.“ (Quelle: Rosenjahre von Jasmin Tabatabai, 2010.)
Kein Essen, nirgends. Oder seht ihr vielleicht welches, hm?
- 7.
„Hence [it] will reach perfection and I shall fail and shall leave nothing behind me but imperfect phrases littered with sand.“ (Quelle: The Waves von Virgina Woolf, 1931.)
Schnelle Lektüre zwischendurch. Let’s talk business.
- 8.
„Es kann eben tatsächlich vorkommen,d ass eine Minute mehr bewirkt als die Bemühungen eines ganzen Jahres.“ (Quelle: Die Kameliendame von Alexandre Dumas, 1848.)
Eben noch auf t3n gelesen, dass Twitter bei einigen Accounts ein neues Profil testet, schwupps, schon eingeloggt und selbst dabei. Und ja, es sieht wirklich aus wie Facebook …
- 9.
„Über ihnen schwebt eine giftgrüne Wolke aus Vögeln. Sie zwitschern und pfeifen. Als sie Huma sehen, sausen plötzlich alle aus dem Himmel herab. (…) Huma sieht aus wie ein Tannenbaum mit giftgrünen Vogelanhängern.“ (Quelle: Kaugummi und Verflixungen von Andrea Karime und Anne-Kathrin Behl, 2010.)
Ins Wochende wackeln. Der giftgrüne Federpopo geht vor.
- 10.
„It used to seem as if she had all the sky and the world to herself.“ (Quelle: A little Princess von Frances Hodgson Burnett, 1905.)
Nachtruhe einläuten: Noch schnell ein paar Planeten beschweben, Sternchen und Punkte sammeln und die schöne Spielaussicht in Little Galaxy genießen.
- 11.
„Ich begann ‚What shall we do with the drunken Sailor‘ zu singen und bemerkte schnell, dass ich mich nur an diese eine Zeile erinnern konnte.“ (Quelle: Herz und Fuß von Anne Bax, 2011.)
Damn, Wiederholung! Konnte mich zuerst nicht entscheiden, in welcher Collage dieses Bild vorkommen soll. Unterschlagen habe ich euch durch diese Verdoppelung nun ein Close-up meines aktuellen Lesestoffs. Ihr wisst schon, kein Tag ohne Buch! ;)
- 12.
„In der Stadt (…) hetzt man sich ab auf dem Weg zu irgendeinem Ziel,ist keine Sekunde lang unbeschäftigt, knallt sich alle Kanäle voll mit einem Wirbel aus Bildern, Musik, Menschen.“ (Quelle: Schatten des Dschungels von Brandis & Ziemek, 2012.)
Kessellichter verweben sich zum abendlichen Großstadtteppich. Darüber thront der Stuttgarter Fernsehturm.
Diese Zitate … wollte sie ja eigentlich aus dem Netz fischen. Copypasting quotes stinks! Die waren mir zu aalglatt. Und nach dem vierten Bild hatte ich noch nicht eine Autorin dabei. Da lief was falsch. Habe mir also zwölf meiner Bücher geschnappt und durch viel Blättern und Schnuppern was Passendes zusammen gesucht. Hat die Zeit zum Post vorbereiten ca. verdreifacht. Da Stuttgart heute in Dunkelheit versinkt, nicht die schlechteste Beschäftigung. War euer Samstag heller? Oder mindestens leseerleuchtet? Lag auch eines der zitierten Bücher schon mal in eurem Buchstabenbeuteschema? Zwölfach grüßt blauherzlich das A&O!
Servus, Alexandra.
In der Listung photoider Platitüden würde wohl noch ein „10.15 – die Frisur sitzt“ fehlen. :-)
Besides, Deine Teeverdunstungsrate bleibt ausgeprägt. Und – Essen mit der Post erscheint mir auch wenig erstreb-bar. :-D
Frösche mit Kontaktlinsen; was uns nicht alles gegeben ist! Wobei mir selbst lindes Grauseln käme, schlaftrunken vom Morgen, die Pupille zu belinsen. Gäbe mir blaue Augen (autsch).
Gesonnte Häuserfassaden – ein wohltemperiertes Photo. Wärmlich in der vermutbaren Februar-Kühle.
Offensichtlich gibst Du eher Koffeinträger in gesüßte Schaummilch. Vermutlich nur übertreffbar via gezuckerter Kondensmilch (‚Mary & Max‘).
Business as usual. Bewegung für den Gluteus maximus. So profan der Alltag, so wortlich die Literatur.
Been nice walking along your day!
Offensichtlich, daß Analog stets handfesteres Material zu liefer vermag als Digital. Eigen-erlesen & nicht Copypastet allemal. Mag ja länger andauern, a b e r Blattwühlen in Büchern bleibt sinnlich in der Erfahrung.
Gosh, mein Samstag war vorverlegter Frühjahrsputz… ;-)
Wie immer – gern gelesen & gedacht im Satzsitz!
bonté
…cineastisches post scriptum.
Der anrollende Mittwoch böte arte-ig ‚Tomboy‘ an. Empfehlung.
bonté
Den will ich ja ca. seit jeher sehen! Danke für den Tipp! Werd in der Mediathek nachgucken am WE! Zudem doppelten Dank für die wortkünstlerichen Kommentare, wie immer eine besondere Lesefreude!
Eine sehr schöne Motto-Idee, eine sehr schöne Motto-Realisierung und sehr schöne Bilder :D
Deine froschartige Kontaktlinsenaufbewahrung ist total super! Ich habe da nur so eine lahme 0/8/15-Dose und bin jetzt ganz neidisch ;)
Ich verstehe deine Affinität zu dem öffentlichen Personen-Nahverkehr. Autofahren ist im Berufsverkehr wirklich nicht lustig.
Wahnsinnige Grüße
MelMel
Da gibt’S die irrsten Dinger, I’m telling ya. Hatte auch schon mal welche (flach) in Eulenaugenform (der Hype macht selbst vor Kontaktlinsenaufbewahrungsdöschen nicht Halt!). Wahrscheinlich macht Thomas Gottschalk bald enen Spezialladen dafür auf und verkauft diese Teile: Nachbildungen der Wetten Dass „Abdunkungsbrillen“ ;) Wahnsinnge Grüße zurück, das A&O
Die Tasse, die Tasse!! Ich habe eine ganz ähnliche. Aus GB. Nur mit den Lettern eines alten arabischen Drucks darauf. Meine Ein-und-einzig-Tasse. Eine schöne Idee, Fotos und Zitate zusammenzubringen. aber was für eine Arbeit (und Belesenheit!).
Hoch die Tassen, sag ich dann mal ; ) Freut mich, dass du die lange Zeitspur siehst, die die Zitate hinter sich herziehen. Wenn ich einmal eine solche Idee hab, kann sich sie einfach nicht mehr loslassen. Aber dampfender Tee aus britischen Gefäßen feuert ja immer an, „tut er nicht“?
In der Tat! Wobei ich gestehe, aus dieser Tasse nicht nur englischen Tee, sondern auch spanischen café zu trinken. Beides kann hilfreich sein beim Bewältigen einer solchen Zeitspur. Wirst du den nächsten Monatszwölften wieder mit Zitaten schmücken?